
- 1. Ergebnisse der Grabungskampagnen 1988 und 1999 im Überblick
- 2. Arbeitsbericht und Baugeschichte anhand historischer Quellen
- 3. Kurzer Bericht über die dritte Grabungskampagne im Jahr 2000
- 4. Der verschlossene Mann. Ein Schraubtaler aus einer Gruft
- 5. Kreuzbeschlag: Johannes aus Limoges
- 6. Barocker Sargschmuck mit Familienwappen
- 7. Anthropologische Untersuchungen: Die Bestattungen der „Döring-Gruft”
- 8. Literaturverzeichnis zu den St. Lamberti-Ausgrabungen
Ergebnisse der Grabungskampagnen 1998–1999
In den Grabungskampagnen 1998 und 1999 öffneten wir drei Schnitte von rund 140 m² Gesamtfläche. Das Ziel der Ausgrabungen war zum einen, die 1861 abgerissene Kirche genau zu lokalisieren und ihre Erbauung zu datieren, zum anderen, eventuelle Vorgängerbauten zu finden. Zu Beginn der Grabung war die Lage der Kirche nur ungefähr bekannt. Bei der Anlage des ersten Schnitts im Nordosten der Kirche ging es darum, aussagekräftige Befunde über die Fundamente im chornahen Bereich im Innen- und Außenbereich der Kirche zu erhalten. Zudem sollten die auf dem Platz wachsenden Bäume nicht beeinträchtigt werden. Die beiden folgenden Schnitte wurden als Flächenerweiterung angrenzend angelegt.
Siehe Abb.: Lage der Grabungsschnitte im Kirchengrundriss
Die in den Schnitten zutage getretenen Fundamente ermöglichten im Vergleich mit alten Grundrissen schon jetzt eine genaue Lokalisierung der Kirche. Die Scherben aus den Fundamentgruben setzen den Baubeginn in das späte 13. Jahrhundert. Der archäologische Befund datiert den gotischen Kirchenbau somit rund 100 Jahre älter als die bauhistorische Einschätzung es bisher vermuten liess.
Siehe Abb.: Befunde der Grabungsschnitte 1–4
Die Fundamente geben auch Aufschluss über verschiedene Bauphasen der Kirche. Gemeinsam war allen Fundamenten ihr schichtweiser Aufbau, sorgfältig nebeneinander gesetzte Feldsteine wechselten mit Lagen feinen Sands ab. In der Tiefe reduzierten sich die Schichtflächen, sie reichten in einzelnen Fällen bis zu einer Tiefe von 2,5 Metern hinab.
Als zweiter Typus der Baubefunde sind drei Grüfte zu nennen. Alle wiesen einen annähernd rechteckigen Grundriss auf und waren aus Backstein gemauert. Während die größte, am sorgfältigsten ausgeführte Gruft ein Tonnengewölbe besaß, waren die beiden kleineren Grüfte vermutlich nur mit flachen Grabplatten abgedeckt. Wie in der Stadtchronik von W. F. Volger beschrieben, fanden wir alle Grüfte mit Schutt verfüllt vor. In jeder Gruft lagen unter dem Schutt jeweils zwei Bestattungen nebeneinander. Die beiden kleineren Grüfte wurden offenbar über mehrere Generationen hinweg belegt, wobei wegen des begrenzten Raumes die älteren Bestattungen den nachfolgenden in Knochengruben unterhalb weichen mussten. Die große Gruft, deren Breite vier Särgen Platz geboten hätte, enthielt lediglich zwei Bestattungen. Aufschlussreich war ein in dieser Gruft gefundener wappenförmiger Sargbeschlag, da er eine Zuweisung zur Patrizierfamilie von Döring, die bis ins 18. Jahrhundert in Lüneburg ansässig war, erlaubte.
Siehe Abb.: Wappen
Besondere Beachtung erfuhr der Fund eines silbernen Schraubtalers (Durchmesser 41 mm) ebenfalls in einer Gruft. Er zeigt auf seiner Vorderseite drei sächsische Kurfürsten: die Brüder Christian II., Johann Georg I. und August. Der Taler trägt die Datierung 1598. Nach dem Öffnen des Schraubtalers zeigte sich auf der einen Innenfläche das Portrait eines unbekannten Mannes, auf der anderen Seite die Darstellung zweier Tauben, die einen Ring in ihren Schnäbeln halten, darunter ein flammendes Herz und die Datierung 1635. Der Schraubtaler ist vermutlich ein Verlobungs- oder Hochzeitsgeschenk des dargestellten vornehmen Mannes an seine Braut, die später in der St. Lambertikirche bestattet wurde.
Siehe Abb.: Schraubtaler
In einer anderen Gruft lagen drei knöcherne Würfel. Welche Bedeutung sie haben, ist ungewiss. Sie können hinein gefallen oder auch als Beigabe des Toten ins Grab gelegt worden sein.
Die Gräber außerhalb der Grüfte boten ein weitgehend einheitliches Bild. Als christliche Gräber sind sie alle in West-Ost-Richtung angelegt und in Reihen quer zum Kirchenschiff angeordnet. Es handelte sich um Sargbestattungen ohne Beigaben, sieht man davon ab, dass einzelne Tote offenbar Blumengestecke mit ins Grab bekamen. Einzig eine Bestattung zeichnete sich durch ihren überbreiten Sarg aus. Die Bestattungen überlagerten sich häufig in der Fläche, oft lagen sie auch übereinander, an manchen Stellen in drei Schichten. Die meisten der insgesamt eher seltenen Kindergräber fanden sich in so einer geschichteten Lage unmittelbar über der Grabstelle eines Erwachsenen. Die geborgenen Gebeine sollen nach der anthropologischen Untersuchung wieder bestattet werden.