Stichworte zur Grabungstechnik
Vorbereitung
1) Der Fundplatz wird entdeckt
Meist sind es Baumaßnahmen, die Ausgrabungen notwendig machen. Die Stadtarchäologie Lüneburg ist eingebunden in das Genehmigungsverfahren für Baumaßnahmen. Daher kann die archäologische Arbeit schon früh mit den Bauträgern zusammen geplant werden. Seit 2011 gilt in Niedersachsen das Verursacherprinzip: Bauträger müssen notwendige archäologische Ausgrabungen finanzieren. In der Regel wird es sich aber um sogenannte Mit fortschreitender Technisierung nahm die Gefahr der Zerstörung nicht nur archäologischen Materials, sondern ganzer Landschaften erheblich zu. In städtischen Gebieten werden archäologische Hinterlassenschaften zudem durch Tiefbauten wie Tiefgaragen, Tunnels, Kanalisationssysteme usw. bedroht. Wo immer auf Baustellen archäologisches Material gesichtet und gemeldet wird, sieht sich die Archäologie vor der Aufgabe, innerhalb der bis zur völligen Zerstörung der archäologischen Schichten verbleibenden Zeitspanne so viele aussagekräftige Informationen wie möglich zu gewinnen. Oft erlauben Zeit und Mittel aber nur eine flüchtige Inspektion, und nicht selten ist die Bezeichnung „Notgrabung” irreführend, weil sie den Eindruck erweckt, als ob man es mit regelrechten Ausgrabungen zu tun habe, die indessen oft gar nicht möglich sind. handeln.
2) Die Ausgrabung wird vorbereitet
Vor Ort wird geklärt, was den Ausgräber erwartet. Welche Mittel werden benötigt, und welche Methoden müssen angewandt werden? Die Rechtslage muss geklärt werden. Jeder Grabung gehen Gespräche mit amtlichen Stellen, Grundeigentümern, Baufirmen und Architekten voraus. Gegebenenfalls sind genauere
Reste einer Niederungsburg, unbekannte Zeitstellung, Luftbildaufnahme aus Häcklingen, Ldkr. Lüneburg.
Archäologische Voruntersuchungen: Es stehen eine Reihe von Hilfsmitteln für die Voruntersuchung zur Verfügung: z.B. Suchgräben, magnetische Sondierung, Bodenwiderstandsmessung, Luftbildarchäologie. Jedes ermöglicht auf seine Art, sich ein besseres Bild von der potentiellen Grabungsstelle zu machen und sich auf mögliche Erfordernisse rechtzeitig einzustellen.
erforderlich. Die Grabungsfläche wird in das örtliche Vermessungsnetz eingehängt und kartiert. Dabei muss manchmal ein Kompromiss zwischen den wissenschaftlichen Ansprüchen und den städtebaulichen Gegebenheiten gefunden werden.
Ausgrabung
1) Grundsätzliches
Ziel einer modernen Grabung ist es, am Grabungsplatz so viele Informationen wie möglich zu gewinnen. Dabei steht nicht so sehr der Fund selbst, sondern der Fund in seiner räumlichen und zeitlichen Einbettung - Fund und Befund: Die einfachste Erklärung beruht auf der Tatsache, dass man Funde immer in Befunden findet, nie umgekehrt. Die Scherbe, die man in einem Pfostenloch findet, ist also der Fund, das Pfostenloch selbst der Befund. Eine moderne Grabung ist befundorientiert. Die einzelnen Funde werden stets in ihrer räumlichen und zeitlichen Einbettung auf Befunde bezogen, was Aufschluß über Fragen der Vor-, Gleich- und Nachzeitigkeit der Befunde untereinander gibt. - im Mittelpunkt des Interesses. Da jede Grabung notgedrungen die (systematische) Zerstörung ihrer Befunde bewirkt, gilt es mit einer exakten Dokumentation dafür Sorge zu tragen, dass der Fundplatz, zumindest auf dem Papier oder dem Bildschirm, auch später noch bis ins Detail rekonstruiert werden kann.
Jeder Bodeneingriff hinterlässt unauslöschliche Spuren. Im Laufe der Zeit bildet sich so ein Archiv menschlicher Tätigkeiten, welches die Archäologie mit ihren Methoden zu lesen versucht.
2) Liste der bei einer Grabung benötigten Werkzeuge und Hilfsmittel
Schaufeln, Hacken, Spaten, Gartenscheren,
Kellen, Pinsel, Feinputzgeräte,
Eimer, Schiebkarren,
Wassersprühgerät, Staubsauger,
Moniereisen, Maurerschnur, Absperrband,
Ringnadeln, Plastiktüten,
Theodolit: optisches Gerät zur Messung von Winkeln., Fluchtstangen,
Nivellierlatte,
Nivelliergerät: optisches Gerät zu Messung von Höhenunterschieden.
Maßbänder, Zollstöcke,
Wasserwaage, Lot,
Pantograph: mechanisches Zeichengerät, das es erlaubt, Befunde maßstabsgerecht aufzunehmen.
Zeichenrahmen, Zeichenstifte,
Transparentpapier, Millimeterpapier,
Fundzettel, Befundbögen,
Fotoausrüstung,
Computer, Software.
Heute werden Vermessung und Dokumentation oft nicht mehr mit Nivelliergerät, Messbändern und Zeichenbrettern, sondern photogrammetrisch mit Tachymeter oder Totalstation und Computer durchgeführt.
3) Wie wird gegraben?
Auf einer Fundstelle liegen im Normalfall die älteren
Stratigraphie: modernes Kunstwort aus lat.: stratum (Lager, hier: Bodenschicht) und griech.: grapho (ich schreibe); Schichtenbeschreibung, Kunde von den archäologischen Schichtenverhältnissen.
Die Stratigraphie gehört zu den unentbehrlichsten Hilfsmitteln der Archäologie. Sie beruht auf der einfachen Annahme, dass sich immer wieder jüngere Ablagerungsschichten über ältere legen, so dass im Regelfall die oberste Schicht die jüngste und die unterste Schicht die älteste ist, vorausgesetzt, dass nicht spätere Eingriffe in die tiefen (älteren) Schichten oder besondere Sedimentationsbedingungen (z.B. eine Hanglage) eine Durchmischung bewirkten.
Profilzeichnung: Pfeilerfundament mit darunter gelagerter äterer Grube (St. Lamberti).
unten, die jüngeren oben. Daher werden sie in umgekehrter Reihenfolge ihrer Entstehung abgetragen, von den jüngsten zu den ältesten, ähnlich wie man die Schalen einer Zwiebel voneinander ablöst. So ist es möglich, die Funde eindeutig den entsprechenden Schichten zuzuordnen und vor Ort eine
Relative Chronologie: aus der Stratigraphie abgeleitete Zeitbestimmung, die aus der räumlichen Aufeinanderfolge der Befunde die Zeitstellung eines Fundstückes zu ermitteln sucht. Im Gegensatz zur absoluten Chronologie, die es erlaubt etwa vermittels eines Münzfundes ein exaktes Datum zu ermitteln, beschränkt sie sich auf die Klärung der Fragen: Was ist jünger? Was ist älter? Was ist zeitgleich?
des archäologischen Fundplatzes zu entwickeln.
Je nach Objekt gibt es verschiedene Grabungsmethoden. In der Stadtkernforschung ist das „Graben nach natürlichen Schichten” in der Regel die angemessene Methode. Im Unterschied zur „Grabung nach künstlichen Schichten”, wo man die Grabungsflächen nach festgelegten Abständen eintieft und dokumentiert, folgt der Ausgräber hier dem erkennbaren Verlauf der Kulturschichten, so dass die Grabungsfläche unregelmäßige Höhen aufweist. Die leider seltener zu hörende Bezeichnung „Reliefgrabung” trifft den Sachverhalt allerdings genauer, da die angesprochenen Schichten meist nicht natürlich, sondern anthropogenen Ursprungs sind. In der Praxis hat sich eine Kombination beider Methoden bewährt.
Die Befunde werden vermessen, fotografiert, gezeichnet und beschrieben. Die mehrfache Dokumentation ist zweckmäßig, weil jede Methode spezifische Vor- und Nachteile hat. Fotos etwa vermitteln zwar einen anschaulichen Eindruck des Objekts, bieten aber im Gegensatz zur maßstabsgerechten Zeichnung wenig Möglichkeit zur weiterführenden Interpretation des Befundes. Der Computer ersetzt heute zunehmend die traditionellen Verfahren.
Das wichtigste Grabungswerkzeug ist übrigens nicht der Spaten, wie fälschlich oft angenommen wird, sondern die Kelle - hier zu sehen mit den Überresten eines Perlenohrringes aus der Bestattung einer jungen Frau, St. Lamberti.
Baggerarbeiten, Foto: Uwe Meyer, Lüneburg.
Luftbild, NLD, Archäologisches Archiv, Luftbildarchiv-Nr. 2728/001-1, Copyright O. Braasch (Ausschnitt).
Niviliergerät u. Pantograph, Johannes Cramer: Handbuch der Bauaufnahme, Aufmaß und Befund, Stuttgart 1984, S. 32 u. 34 (grafisch bearbeitet).
Siehe auch: Aufarbeitung und Auswertung einer Ausgrabung
Webseiten anderer Anbieter zum Thema
- externes Verweisziel: www.ausgraeberei.de - Literaturliste zur Grabungstechnik, Grabungswörterbuch (deutsch/englisch) u.a.m.
- externes Verweisziel: ausgrabungstechnik.de - Tabellen und Tafeln zur Grabungstechnik - ein Arbeitsheft von Andreas Kinne