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Objektgruppe Glas

Flaschen, große Volumina

Der primäre Verwendungszweck von Flaschen ist das Aufbewahren von Flüssigkeiten. Aus diesem Grund verfügen Flaschen oft über sehr große Volumina bei teilweise nur sehr geringen Wandstärken.

3 Flaschenhälse

FO: Lüneburg, An der Münze (Einzelfund)
hellgrünes Glas, stellenweise korrodiert, geklebt,
H 9,8-17,4 cm; Ø Lippe 3,1-3,7 cm; Gd. 0,8-2,2 mm
Deutschland, 1. H. 16. Jh.

Flaschenhälse
Flaschenhälse mit optisch geblasenen Diagonalrippen. Ausbiegende Lippe geweitet.

Die Hälse gehörten zu recht großvolumigen, birnförmigen Flaschen, die vornehmlich im pharmazeutischen Bereich, aber auch in Haushalten Verwendung fanden. Die Füße solcher Flaschen, die hier nicht mehr vorhanden sind, waren durch Hochstechen der Glasblase gebildet, wie es auch bei Trinkgläsern vorkommt (Vgl. Diabolo-Becher; Achtkantglas; Stangenglas, roter Faden). Birnförmige Flaschen, die bis zu 37 cm Höhe erreichen konnten, weisen große Volumina auf und belegen bei einer Wandstärke von teilweise unter 1 mm eindrucksvoll, welch große Druckbelastungen dünnwandige Glasgefäße meistern konnten. Das Gros der Flaschen wird um 1500 datiert, ihr Hauptverbreitungsgebiet erstreckt sich von Süd-bis Norddeutschland mit einem besonderen Schwerpunkt im Mittelrheingebiet.

Flasche mit Ösenhenkeln

FO: Lüneburg, Streufund
blaugrünes Glas mit vielen kleinen Einschlüssen, leicht verwittert, geklebt und ergänzt,
H 21,2 cm; Ø Wandung 9,0 cm; Ø Lippe 3,1 cm
Deutschland, um 1600

Flasche mit Ösenhenkeln
Spitz hochgestochener Boden mit Abnutzungsspuren. Bauchig-birnförmige Wandung. Im Mündungsbereich deutlich abgedreht. Im oberen Bereich aufgelegte plastische und gekerbte Fadenauflage. Darauf zwei spitzwinklig angesetzte, dann ausgezogene und breitgedrückte Ösenhenkel. Ein Henkel über Fehlstelle (spitzer Einstich). Angesetzte und geweitete Randlippe.

Flaschen mit zwei oder drei Ösenhenkeln scheinen auf das mittel- und norddeutsche Gebiet beschränkt zu sein. Sie fanden sich in Fundzusammenhängen des 16. und auch noch des 17. Jahrhunderts u.a. in Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die kleinen Henkel, die auf den Fadendekor gesetzt sind, dienten nicht als Griff oder als Aufhängevorrichtung, denn sie hätten das Gewicht der gefüllten Flaschen kaum gehalten. Wahrscheinlicher ist, dass sie zum Anbringen eines Fadens dienten, an dem wiederum ein Verschluss (Stopfen) befestigt war.

Rippenflasche

FO: Lüneburg, Glockenhof (Kloake 4)
hellgrünes blasiges Glas, geklebt,
H 12,3 cm; Ø Lippe 1,2 cm; Gd. 0,8 mm
Niederlande (?), 17. Jh.

Rippenflasche
Teil der gebauchten Wandung mit 16 optisch geblasenen Rippen. Angesetzter enger Hals mit plastisch aufgelegtem Halsfaden.

Rippenflaschen mit stark profilierten, formgeblasenen Rippen (auch „Kürbisflaschen” genannt) wurden im 17. Jahrhundert vor allem in niederländischen, zum Teil auch in westdeutschen Glashütten hergestellt. Während die deutschen Flaschen eher gewellte Halsfäden aufweisen, sind bei den niederländischen Exemplaren zumeist glatte Halsfäden umgelegt worden. Der Flaschentyp besteht aus zwei Teilen. Zunächst wurde der kugelförmige Gefäßkörper in einer Form mit 16 eingearbeiteten Rippen hergestellt, worauf die markante Rippung am Halsansatz hinweist. Danach blies man den Flaschenbauch weiter auf und setzte, nachdem die Glasmacherpfeife abgetrennt wurde, den Flaschenhals an, der zum Schluss mit einem Halsfaden umlegt wurde.

Autor: Peter Steppuhn; in: Glaskultur in Niedersachsen, 2003, 162-166 (gekürzt)