Pollenanalysen an Kloakeninhalten aus Lüneburg (Fortsetzung)
Julian Wiethold
- Abb. 1, Pollenkorn des Buchweizens (Fagopyrum esculentum) mit charakteristischer Oberflächenskulpturierung. Der Buchweizen ist kein Getreide, sondern gehört zu den Knöterichgewächsen. Er wurde als Buchweizengrütze, als Zutat zu Breispeisen oder als Pfannkuchen verzehrt (Foto J. Wiethold).
- Abb. 2, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Pollenkorn des Walnussbaumes (Juglans regia), eines beliebten Obstbaumes in den frühneuzeitlichen Gärten. Anhand der zahlreichen kleinen Poren auf der Oberfläche kann es sicher bestimmt werden (Foto: J. Wiethold).
- Abb. 3, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Pollenkorn der Ackerbohne (Vicia faba) mit typischer durchbrochener Oberflächen-skulpturierung. Länge ca. 50 Mikrometer (Foto: J. Wiethold).
- Abb. 4, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Pollenkorn der Kornblume (Centaurea cyanus), Länge ca. 36 Mikrometer. Kornblumenpollen wurde vermutlich zusammen mit grob geschrotetem Roggenmehl verzehrt und gelangte mit den Fäkalien in die Kloake (Foto: J. Wiethold).
- Abb. 5, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Pollenkorn vom Wiesen-Flockenblumen-Typ (Centaurea jacea-Typ). Länge ca. 41 Mikrometer (Foto: J. Wiethold).
- Abb. 6, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Eihülle des Spulwurms (Ascaris lumbricoides), eines im Dünndarm des Menschen parasitierenden Fadenwurms. Durchmesser ca. 48 Mikrometer (Foto: J. Wiethold).
- Abb. 7, Lüneburg, Kloake „Auf der Altstadt 29”. Eihülle des Peitschenwurms (Trichuris trichiura), eines sich im Enddarm des Menschen durch Blut ernährenden Parasiten. Länge ca. 45 Mikrometer (Foto: J. Wiethold).
Nachgewiesene Kulturpflanzen sind neben den Getreiden (Roggenpollen sowie Pollen vom Weizen-, Gerste- und Hafertyp) insbesondere Buchweizen (Abb. 1), die Walnuss (Abb. 2) und die Ackerbohne (Abb. 3). Neben dem sicher bestimmbaren Pollen von eindeutigen Kulturpflanzen, die man deshalb bei pollenanalytischen Untersuchungen als primäre Siedlungszeiger bezeichnet, finden sich auch Pollenkörner von Unkräutern, die mit den Kulturpflanzen vergesellschaftet waren. Diese Pollentypen werden als sekundäre Siedlungszeiger bezeichnet, da das Auftreten der Pflanzen durch menschliche Aktivitäten stark gefördert wird. So sind in den Kloakensedimenten, die überwiegend aus fein zerteilten Getreidekornhäuten des Roggens bestehen, Pollenkörner der Kornblume besonders häufig (Abb. 4). Die Kornblume war früher ein weit verbreitetes Unkraut in den Winterroggenfeldern. Ferner wurden Pollenkörner der Wiesenflockenblume nachgewiesen, die an trockenen Feldrainen oder im extensiv genutzten mageren Grünland vorkommt (Abb. 5).
Die Eihüllen verschiedener Eingeweidewürmer, insbesondere von Spulwurm und Peitschenwurm sind ähnlich gut erhaltungsfähig wie Pollenkörner. Da in der frühen Neuzeit die Durchseuchung der Bevölkerung mit Eingeweidewürmern erheblich war und die meisten Fadenwürmer sehr viele Eier produzieren, finden wir neben den Pollenkörnern die Parasiteneier in großer Zahl in den Kloakensedimenten (Abb. 6 und 7). Sie sind 40 bis 60 Mikrometer groß und entsprechen in ihren Größenverhältnissen großen Pollenkörnern. Bei der Pollenanalyse an Kloakensedimenten können sie bestimmt und mitgezählt werden. Bei der Probenaufbereitung für die Pollenanalyse lässt sich durch die Zugabe einer bekannten Menge von Markersporen, die zu einem festgelegten Volumen Kloakensediment hinzugefügt werden, auch die Zahl von Parasiteneiern pro Milliliter Kloakensediment ermitteln. Dieser Wert ermöglicht einen Eindruck von der damaligen hygienischen Situation in den frühneuzeitlichen Städten.
- externes Verweisziel: inrap.academia.edu Dr. Julian Wiethold: Schriftenverzeichnis
- dort auch: Julian Wiethold: Obst und Früchte im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Lüneburg, Denkmalpflege in Lüneburg 2004, 25-34. externes Verweisziel: www.palynologie.uni-goettingen.de als PDF-Datei zum Download (750 KB)