zur Startseite

Archäologische „Goldgruben“

2. Blick in die Tiefe

Jeder Gebrauchsgegenstand geht früher oder später kaputt und wird entsorgt. Der Abfall landete mangels ausreichender Entsorgungssysteme oft auf der Straße. Mit der zunehmenden Verstädterung der Siedlungen und den damit verbundenen größeren Abfallmengen gestaltete sich die Entsorgung zunehmend komplizierter. Eine städtisch organisierte Ver- und Entsorgung gab es in den mittelalterlichen Städten zunächst nicht.

Blick in einen Brunnen
Blick in einen ausgegrabenen Brunnen in der Baumstraße – er ist Lüneburger Backsteinkloaken vergleichbar gebaut, aber mit geringerem Durchmesser.

Die Nutzung von Kloaken geht in das 14. Jahrhundert zurück, zunehmend wurden auch städtische Straßen befestigt. In den Städten des Mittelalters und der Frühen Neuzeit wurde jede Art von Abfall meist zunächst in den hausnahen Kloaken entsorgt, was diese zu wahren Goldgruben für Archäologen macht. Die meisten Kloaken waren groß genug, um den Abfall von mehreren Jahrzehnten aufzunehmen. Gewiss war die mittelalterliche Bevölkerung keine „Wegwerfgesellschaft“, denn fast alles wurde so lange verwertet bis man definitiv keinen Nutzen mehr aus einem Gegenstand ziehen konnte.

Der mittelalterliche und frühneuzeitliche Abfall beinhaltet somit neben dem alltäglichen Müll (wie Speiseresten, Urin und Kot) auch Produktionsabfälle jeglicher Art sowie unbrauchbar gewordene Gegenstände. Die Vielfalt der einst weggeworfenen Gegenstände, die unterschiedlichen Bauformen von Kloaken und die daraus resultierenden Kosten geben Archäologen die Möglichkeit, mehr über die Hausbesitzer und deren gesellschaftlichen Stand zu erfahren und einen Einblick in frühere Lebenswelten zu gewinnen.

Kloaken und Berufe in Lüneburg
Verteilung verschiedener Gewerke des 16. und 17. Jahrhunderts (auf Grundlage historischer Quellen), Patriziergrundstücke und Fundstellen von Kloaken im Lüneburger Stadtgebiet (die Karte lässt sich größer anzeigen).

Weiter zu Teil 3: Der Doppelfund

zurück zur Übersicht