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Objektgruppe Keramik

Malhornware

Doppelhenkelschale – ein Hochzeitsteller ?

FO: Auf der Altstadt 29
Malhornware mit Sgraffito
Dm. 21 cm,
16. /17. Jahrhundert

Doppelhenkelschale, Malhornware mit Sgraffito

Die Schale gehört zu einem bunten, aufwändig dekorierten Tischgeschirr, das als Malhornware bezeichnet wird. Auch diese Gefäße haben die Töpfer aus der „Altstadt 29” selbst produziert. Allerdings weisen die verwendeten Motive darauf hin, dass sie sich bei den Verzierungen an Mustern auf Gefäßen aus dem südniedersächsischen Raum orientierten, die nach ihren Herstellungszentren als „Werra-” oder „Weserware” bezeichnet werden.

Malhorn
Malhorn   Malhorn (Zeichnung A. Rossenbach) in: Wolfgang Hackspiel, Die Herstellung der niederrheinischen Irdenware; in: Keramik vom Niederrhein. Die Irdenware der Düppen- und Pottbäcker zwischen Köln und Kleve, Joachim Naumann (Hg.), Köln 1988, 255-268.

Mit einem Kuhhorn, dessen Spitze abgeschnitten ist, oder einem speziellen Gefäß, dem Malhorn, von dem die Ware ihren Namen hat, wird ein dünner, andersfarbiger Tonbrei (Engobe) auf ein lederhartes Gefäß aufgebracht. Zur besseren Linienführung ist in die Öffnung des Horns ein Federkiel eingesetzt.

Die Töpfer malten geometrische Muster, vor allem stilisierte Blüten, Blätter und Tiere, manchmal auch Figuren oder Datierungen. Die Verzierung ist sehr variantenreich. Selten sind zwei Gefäße identisch bemalt worden. Die einzelnen Musterelemente werden in immer neuen Kombinationen verwendet. Als weitere Kontrastfarbe diente eine grüne Zierglasur. Abschließend wurden die Gefäße farblos glasiert.

Die Schüssel mit der Darstellung eines Paares ist zusätzlich noch durch eine Sgraffito-Verzierung geschmückt. Dabei wird die aufgetragene Engobe durch Einritzen teilweise wieder abgetragen. Diese Art der Verzierung ist für Geschirr der Werraware typisch. Von dort sind auch Paardarstellungen bekannt. Die Darstellung eines Paares auf der Lüneburger Schale mit einem gemeinsamen großen Kragen ist aber einzigartig.

Die Kleidung entspricht der Mode um 1600. Die Frau trägt einen durch die spanische Mode beeinflussten Trommelreifrock. Unterhalb der Taille befindet sich der sogenannte „Weiberspeck”, eine auf den Hüften aufliegende Stoffrolle. Auch das Mieder mit der engen Taille und die langen gebauschten Ärmel (offenbar mit einer Rüsche am Handgelenk) weisen Einflüsse aus der spanischen Mode auf. Der Mann ist ebenfalls in ein „spanisches” Wams mit weiten gebauschten Ärmeln und in eine ausgestopfte bis zum Knie reichende Hose, die „Heerpauke”, gekleidet.

Autorin: Karola Kröll; in: Denkmalpflege in Lüneburg 2002, 44-45.